TTIP, TiSA, CETA

Veröffentlicht am 28.01.2015 in Anträge

Beschlossen auf der KDK am 21.01.2015

Antrag: TTIP, TiSA, CETA

Empfängerin: Abgeordneten in Europarlament, Bundestag und Landtagen sowie die sozialdemokratischen Vertreterinnen und Vertreter in Bundesregierung und den Landesregierungen

 

Antrag:

Die KDK möge beschließen:
„Die Kreisdelegiertenkonferenz des SPD Kreisverbandes Heidelberg vom 21.01.15 fordert die Abgeordneten in Europarlament, Bundestag und Landtagen sowie die sozialdemokratischen Vertreterinnen und Vertreter in Bundesregierung und den Landesregierungen auf:
1.    sich für den sofortigen Abbruch der Verhandlungen zu TTIP und TiSA sowie vergleichbarer Verträge einzusetzen, um das Primat der Politik über die Wirtschaft nicht zu gefährden.    
2.    eine Ratifikation von CETA abzulehnen bzw. für dessen Ablehnung einzusetzen.
3.    sich bei der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, die Europäische Bürgerinitiative “Stopp TTIP” zuzulassen.“
4.     Vor zukünftigen Vertragsverhandlungen muss ein Mandat auf Basis einer breiten und transparenten Debatte festgelegt werden.
5.     Die SPD Heidelberg wird sich im Heidelberger Bündnis gegen TTIP, CETA und TISA engagiert einbringen, gemeinsame Aktionen werden aktiv unterstützt und beworben.

Begründung:
5 Jahre wurde das Handelsabkommen zwischen Kanada und der EU, CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement), verhandelt. CETA gilt als ausverhandelt und liegt in einer endgültigen Fassung vor. Es gilt als Blaupause für das Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, und nimmt viele Regelungen, die so oder ähnlich auch im TTIP diskutiert werden, etwa zum Investitionsschutz, vorweg.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und USA, TTIP „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, wird seit  Juli 2013 verhandelt.
Von Seiten der EU-Kommission und der Bundesregierung wird mit TTIP ein deutliches Wachstum beim Brutto-Inlandsprodukt (BIP) und die Schaffung hunderttausender Arbeitsplätze prognostiziert. Doch die Vorhersagen über volkwirtschaftliche Wirkungen des TTIP sagen lediglich minimale Beschäftigungs- und Wachstumseffekte voraus. Selbst dem Abkommen wohlwollend gegenüberstehende Forschungsinstitute rechnen mit wenigen tausend Arbeitsplätzen.

Und seit Februar 2012 verhandelt die EU im Schatten von Ceta und TTIP mit weiteren 22 Staaten über TISA („Trade in Services Agreement“). Ziel ist es hier     alle Dienstleistungsbereiche, in denen neben den öffentlichen auch private Anbieter vorhanden sind, den Regeln des «freien und unverfälschten Wettbewerbs» zu unterstellen. Von großem Interesse für die internationale Dienstleistungswirtschaft ist die staatliche Daseinsvorsorge, etwa Wasser- und Gesundheitsversorgung und Bildung. Sicherheits- und Hygienevorschriften, Umwelt- und Verbraucherschutz sollen gelockert werden. Wichtige Regulierungen des Finanzmarktsektors sollen unterbleiben, bzw. wieder rückgängig gemacht werden.
Allen drei geplanten Abkommen ist eines gemeinsam, sie fanden und finden weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Eine transparente Diskussion in der Öffentlichkeit ist ebenfalls unterblieben. Für TISA wollen die Verhandlungspartner, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, die Verhandlungspapiere frühestens fünf Jahre nach Abschluss des Vertrags an die Öffentlichkeit lassen.

Bei diesen Freihandelsabkommen geht es nicht nur  um den Abbau von Zöllen, Import – und Exportbeschränkungen oder die Angleichung von Normen und technischen Standards. Im Vordergrund dieser Abkommen steht der Abbau   sogenannter tarifärer Handelshemmnisse, darunter fallen auch Umwelt- und Sozialstandards, um eine weitest gehende Liberalisierung im Handel mit Gütern, Kapital und Dienstleistungen durchzusetzen.

In der Antwort auf eine Große Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion „Soziale, ökologische, ökonomische und politische Effekte des EU-USA Freihandelsabkommens“ führte die Bundesregierung im Juli 14 u.a. aus, dass potentielle Verbesserungen in den   Bereichen Arbeitsschutz, des Kündigungsschutzes, des Mutterschutzes sowie des Schutzes bei Krankheit und auch die Verbesserung der sozialen und allgemeinen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte  keine Verletzungen von Investitionsschutzkriterien darstellen und durch TTIP nicht zur Disposition gestellt würden, sofern sie nicht zwischen ausländischen und inländischen Investoren diskriminieren "und sofern sie verhältnismäßig sind".  
Nach allem, was bisher bekannt ist, drohen TTIP, TiSA und CETA zu einer Gefahr für den Gesundheits-, Verbraucher-, Umwelt- und Sozialschutz der Bürgerinnen und Bürger sowie die demokratischen Beteiligungsrechte und der nationalen Organisations- und Finanzierungshoheit der Erbringung wichtiger öffentlicher Dienstleistungen zu werden.
Gegen die Abkommen bestehen prinzipielle demokratische Bedenken:

Ein zentraler  Teil der Abkommen CETA ,TTIP und TISA sind die Einrichtung privater Schiedsgerichte . Dort  können Konzerne Staaten auf Schadensersatz verklagen, wenn sie der Ansicht sind , dass staatliche Regelungen ihre Gewinne schmälern. Der Spruch der Schiedsgerichte kann von einer nationalen Gerichtsbarkeit nicht korrigiert werden. Somit können Konzerne ihre Interessen über demokratische Institutionen und Gerichte hinweg durchsetzen.

Dazu ein drastisches Beispiel aus Ägypten: Der französische Konzern Veolia, der die Müllentsorgung Kairos mitorganisiert, klagt gegen die Erhöhung des Mindestlohns von 41 auf 72 Euro im Monat. Diese Erhöhung drückt den Gewinn des Konzerns.  
 
Dadurch werden Investitionen, und damit die Kapitalrendite, zum obersten gesellschaftlichen Wert erhoben! Sozialstaatlichkeit, Gemeinwohlorientierung, Umweltschutz und Wahrung der fundamentalsten Menschenrechte werden der Kapitalrendite untergeordnet.  

TTIP ist dem Vernehmen nach als „living agreement“ angelegt. Das bedeutet, dass kein Vertragspartner mehr in den Bereichen des Abkommens allein Regulierungsmaßnahmen ergreifen kann, sondern nur mit den Vertragsparteien gemeinsam und einvernehmlich. Jede neue Gesetzesinitiative soll bevor es ins Parlament kommt geprüft werden ob diese einen wesentlichen Einfluss auf den transatlantischen Handel hat Vorgesehen ist ein transatlantischer „Regulierungsrat“, dessen Aufgabe die Koordinierung der Gesetzgebung der USA und der EU sein soll.

Nationale Alleingänge sind nicht mehr möglich. Das beinhaltet die Einschränkung der nationalen Souveränität und die Gefahr von Regulierungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Zudem ist die wechselseitige Anerkennung der unterschiedlichen Regulierungen vorgesehen, was die weiter gehenden Normen unter Anpassungsdruck stellt.

Das TTIP ist dem Vernehmen nach als unkündbares und unbefristetes Abkommen ausgestaltet. Dadurch würde nach der einmal erfolgten Zustimmung des Europäischen Parlaments zu dem Abkommen die weitere Ausgestaltung jeglicher demokratischer Kontrolle entzogen.

Bei TiSA z.B. unterliegen nur jene Dienstleistungsbereiche nicht der Deregulierung, die im Rahmen der Verhandlungen explizit ausgeklammert werden (Negativliste). Die EU schließt bisher nur hoheitliche Bereiche aus. Dadurch wird die Rekommunalisierung von Dienstleistungen deutlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich macht. Gleichzeitig werden zwei Klauseln wirksam – die Stillhalte- und die Ratchet-Klausel. Die Stillhalteklausel verlangt, dass der einmal erreichte Status Quo der Liberalisierung zementiert wird. Alle Bereiche, die bei Vertragsabschluss in einem Land bereits privatisiert sind und für die es keine Ausnahmeregelung gibt, bleiben für immer privat  und können nicht mehr öffentlich erbracht werden.  Die Ratchet-Klausel beinhaltet Ähnliches, ist aber auf die Zukunft gerichtet. Alle späteren Liberalisierungen sind mit dieser Klausel unumkehrbar.  

Erforderlich wäre bei solchen Handelsverträgen eine Verständigung im Vorfeld      über Punkte, die nicht nur als „rote Linien“ deklariert werden, sondern von vorne herein nicht Teil der Verhandlungsmasse und des Verhandlungsmandats sein dürfen. Die momentane Situation des CETA-Abkommens veranschaulicht das Scheitern einer Strategie, rote Linien erst nachträglich zu definieren. Entgegen dem Beschluss des Partei-Konvents rechtfertigt Bundeswirtschaftsminister Gabriel u.a. seine Zustimmung zu CETA und den darin enthaltenen Investitionsschutzabkommen damit,  dass das Abkommen ausverhandelt vorliege und  es  „schwierig“ sei, nachträglich die Einführung von Schiedsgerichten zu verhindern.

 

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