SPD: Landesregierung verstrickt sich in ihren eigenen Falschaussagen

Veröffentlicht am 31.01.2011 in Landespolitik

Spitzenkandidat Nils Schmid: „Mappus muss zugeben, beim Lügen erwischt worden zu sein und er muss sich dafür in der Öffentlichkeit und beim Parlament entschuldigen“

Fraktionschef Claus Schmiedel: „Es zeugt von einem fragwürdigen Demokratieverständnis und von seiner Arroganz der Macht, wie Mappus den Landtag behandelt“

Die SPD-Fraktion fordert Ministerpräsident Mappus auf, am Mittwoch vor dem Landtag selbst Konsequenzen aus den Enthüllungen des „Spiegel“ zum EnBW-Kauf zu ziehen: „Mappus muss zugeben, beim Lügen erwischt worden zu sein und er muss sich dafür in der Öffentlichkeit und beim Parlament entschuldigen“, verlangt Nils Schmid, SPD-Spitzenkandidat und Fraktionsvizechef. Und er fordert den Ministerpräsidenten auf, die wirklichen Hintergründe seines EnBW-Kaufs offenzulegen und sich dabei strikt an die Wahrheit zu halten. „Es zeugt von einem fragwürdigen Demokratieverständnis und von seiner Arroganz der Macht, wie Mappus den Landtag behandelt“, erklärt Fraktionschef Claus Schmiedel. Die SPD weist dabei den Versuch von Staatsminister Rau, die falschen Aussagen von Ministerpräsident Mappus zum Kauf der EnBW vor dem Landtag mit Ausflüchten zu erklären, empört zurück.

Darüber hinaus stellen sich für die SPD nach den jetzigen Stellungnahmen erst recht weitere Fragen: Wann wurde das verfassungsrechtliche Gutachten bei der Kanzlei Gleiss Lutz in Auftrag gegeben, auf dessen Grundlage die Landesregierung den Kauf mittels des Notbewilligungsrechts des Finanzministers beschlossen hat? Der Auftrag für die Stellungnahme der Kanzlei stammt vom Finanzministerium. Wann wurde das Finanzministerium über den geplanten Aktienkauf informiert? Ob und wann sollen diese angeblichen internen Memos beim Finanzministerium angekommen sein? Aus welchen Gründen sollen diese angeblichen internen Memos von der Anwaltskanzlei nicht zur Weitergabe freigegeben worden sein, während die Stellungnahme, die auf diesen Memos beruhen soll, mittlerweile veröffentlicht wurde?

Zum Vorgang im Detail. Abgewickelt wurde der Kauf am 6. Dezember 2010. Am 15. Dezember erklärte Mappus bei seiner Regierungserklärung im Parlament: „Zu dieser Frage wurde vorab ein verfassungsrechtliches Gutachten der beratenden Anwaltskanzlei eingeholt, welches das Vorgehen des Finanzministers bestätigt.“ Fraktionschef Schmiedel fordert Mappus daraufhin auf, das Gutachten vorzulegen. Rau übersendet ihm eine „rechtliche Stellungnahme“ der Anwaltskanzlei, die ebenfalls vom 15. Dezember datiert. Diese Stellungnahme „basiert jedoch auf internen Memos der Anwaltskanzlei aus der Zeit vor dem 6. Dezember 2010“, schreibt der Staatsminister. Und: „Auf Grundlage dieser Memos, die von (der Anwaltskanzlei) Gleiss Lutz nicht zur Weitergabe freigegeben wurden, erfolgte die Beratung durch die Kanzlei.“

Jetzt, nach den Enthüllungen des „Spiegel“, behauptet Rau am Wochenende, das von Mappus angegebene verfassungsrechtliche Gutachten sei mündlich eingeholt worden. Die Anwaltskanzlei erklärt zusätzlich, das Gutachten sei vorab nur mündlich erstattet worden. Erst später habe die Kanzlei ihre internen Memos schriftlich zusammengefasst.

Für Schmiedel zeigen schon diese Angaben, in welchen Nöten sich die Landesregierung befinde. Ein Gutachten habe sich in eine mündliche Beratung wohl am Telefon verwandelt, aus einem „verfassungsrechtlichen Gutachten“ seien zunächst „interne Memos“ geworden, dann eine später angeblich erstellte „schriftliche Stellungnahme“. Jetzt fehle nur noch das Eingeständnis, dass diese Stellungnahme erst nach dem Kauf entstanden sei.
„Die Staatskanzlei muss Schritt für Schritt einräumen, dass Mappus das Parlament belogen hat“, erklärt Schmid.

Doch allein schon das bisherige Eingeständnis lasse tief blicken. Rau müsse also zugeben, dass der Ministerpräsident die Art und Weise des Kaufs bei einem Unternehmen im Wert von knapp sechs Milliarden lediglich auf mündliche Ratschläge gestützt haben will, also auf Ratschläge, die sich im Nachhinein nicht nachvollziehen, aber auch nicht belegen ließen. „Allein schon ein solches Eingeständnis gibt die Landesregierung der Lächerlichkeit preis“, sagt Schmiedel. Mappus präsentiere sich damit endgültig als ein Ministerpräsident, der die Verfassung nicht achte.

Doch damit nicht genug. Mappus bezog sich in der Begründung auf sein Vorgehen am Parlament vorbei immer darauf, dass der EnBW-Verkäufer EdF eine Einbeziehung des Landtags abgelehnt habe. Aber: Die EdF hat dies gegenüber dem „Spiegel“ nicht bestätigt. Sie habe lediglich ein Angebot des Landes angenommen. Damit steht auch diese Aussage von Mappus für die SPD gehörig im Zweifel. Schließlich wäre es für die EdF ein Leichtes gewesen, die Behauptung von Mappus zu bestätigen, wenn sie schon Stellung nimmt. Die Zweifel würden noch gestützt durch den Versuch von Rau, auch hier aus der Bredouille zu kommen. Seine Aussage, die Pressesprecherin der EdF kenne nicht die Wahrheit, wird von der SPD nur noch mit Kopfschütteln quittiert: Wolle Rau den Bürgern allen Ernstes weiß machen, dass eine Firmenvertreterin sich vor einer solchen Stellungnahme nicht bei der Unternehmensspitze informiere?

„Damit ist Mappus in Sachen EnBW der Lüge überführt“, erklärt Schmid. Auch die Umstände dieses Kaufes erschienen jetzt in einem völlig anderen Licht. Aber die Bedeutung dieser Vorgänge gingen weit darüber hinaus: „Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg ist offensichtlich eine Person, die sich keinen Deut mehr um Verfassung und Wahrheit kümmert.“

Die SPD verweist auch auf den Inhalt der vermutlich teuren Stellungnahme der Kanzlei vom 15. Dezember. Ihr minderer Wert zeige sich schon quantitativ bei dem Umfang von mageren 4,5 Seiten. Drei Seiten davon bestehen lediglich auf einer Darstellung des Sachverhalts und der allgemeinen Rechtslage. Die entscheidende Frage, ob gemäß Artikel 81 der Landesverfassung die Unvorhersehbarkeit und Unabweisbarkeit gegeben sind, wird nur kurz abgehandelt.

Die SPD hält diese Stellungnahme für äußerst schwach. Das zeige sich zum ersten schon allein daran, dass die Rechtsanwälte von einem falschen Sachverhalt ausgingen. Die Stellungnahme schildert, dass lediglich Artikel 81 der LV berücksichtigt werden musste. Demgegenüber hat Mappus selbst in seiner Regierungserklärung – in der Sache zutreffend – darauf hingewiesen, dass auch Artikel 84 einbezogen werden müsste. Hintergrund für diese Vorschrift ist, dass das Land auch eine Garantie für die Ausstattung und Werterhaltung der Neckarpri GmbH gegeben hat. Zum zweiten haben sich die Anwälte kaum mit dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 11. Oktober 2007 auseinandergesetzt, obwohl die Landesregierung bereits damals mit dem Notbewilligungsrecht gescheitert ist. Und zum Dritten argumentierten die Rechtsanwälte bei der Unabweisbarkeit rein ökonomisch, ohne das Verfassungsrecht zu berücksichtigen. Dies hält nicht nur die SPD juristisch für völlig abwegig.

„Dass Mappus diese juristische Meinungsäußerung als verfassungsrechtliches Gutachten bezeichnet, ist nur noch mit der Panik erklärbar, dass seine Lüge auf den Tisch kommt“, sagt Schmid. Die SPD würde es nicht überraschen, wenn ein sogenanntes Gutachten von Mappus erst am 14. Dezember angefordert worden wäre. Erst an diesem Tag sei ihm wohl im Finanzausschuss aufgefallen, dass die Umgehung des Landtags zu Problemen führen könne. Auch dafür gebe es Hinweise. So findet sich in der Antwort des Staatsministeriums keine Auskunft auf die Frage Schmiedels, wann die Rechtsanwälte mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt worden sei.

Damit habe der Ministerpräsident in seiner üblichen hemdsärmeligen und unprofessionellen Art jeglichen Respekt für die Verfassung und den Landtag vermissen lassen. „Die Wähler werden verhindern, dass Baden-Württemberg weiterhin auf diese undemokratische Art regiert wird“, erklärt Schmid. „Im Interesse des Ansehens der Politik, im Interesse des gesamten Parlaments, im Interesse der Bürger fordere ich den Ministerpräsidenten auf, vor dem Landtag seine Schuld einzugestehen“, appelliert Schmid.

Homepage SPD Landesverband

Jetzt Mitglied werden

Jetzt Mitglied werden

zu meineSPD.net