Zu einer Veranstaltung „Schule der Zukunft“ hatte die Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD-Kreisverbände Rhein-Neckar und Heidelberg eingeladen. Renate Schmidt, die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Eppelheim, Gemeinde- u. Kreisrätin, konnte sich über mangelndes Interesse der Bevölkerung am Thema nicht beklagen. Sogar aus Walldorf hatten sich eine Genossin und ein Genosse auf den Weg nach Eppelheim gemacht.
Renate Schmidt fasste die derzeitige Situation im baden-württembergischen Schulsystem zusammen: Trotz unterschiedlicher Interpretationen haben alle vergangenen Untersuchungen eines deutlich gemacht: Unser derzeitiges Schulsystem ist überholt und bedarf dringend einer Neustrukturierung. Die Landesregierung begnügt sich mit kosmetischen Operationen wie der Umbenennung der Hauptschule in Werkrealschule und der halbherzigen Einführung von Ganztagsschulen. Aus der Not heraus wächst der Trend zu Privatschulen. Bildung hängt noch immer vom Geldbeutel der Eltern ab.
Oli Kube, ein junger Kabarettist, leitete die Veranstaltung ein. „Wenn man die Situation betrachtet, bleibt einem nur, sie mit Humor zu sehen und Kabarett zu machen“. Verantwortliche Bildungspolitiker wie Helmut Rau und seine Vorgängerin Annette Schavan bekamen dann auch ihr Fett ab, aber auch die SPD, die ihre potentiellen Wählerstimmen gerecht auf die anderen Parteien verteile.
Matthias Wiest vom Kurpfalzradio moderierte eine Podiumsdiskussion, bei der Zwischenfragen aus dem Publikum ausdrücklich erwünscht waren. Er schlug zur Gliederung des Abends die Abschnitte vor:
- Stimmungsbericht – Lust oder Frust?
- Aufgaben der Schule und
- Was sollte geändert werden?
Ein Schüler, die Schulleiterin einer Reformschule, die Rektorin einer staatlichen Schule und eine weitere Lehrerin, die in der GEW aktiv ist, diskutierten engagiert. Man war sich weitgehend einig, wenn auch beim Schüler der Frust dominierte, während die Lehrer betonten, immer hoffnungsvoll zu sein. Längeres gemeinsames Lernen statt Weichenstellung nach vier Grundschuljahren forderten alle. Mehr Eigenverantwortlichkeit der Schulen bei der Auswahl der Lehrkräfte statt bürokratische Verwaltung durch Schulämter und eine bessere Lehrerausbildung wurden als besonders wichtig herausgearbeitet. Die Hauptaufgabe der Schule wurde in der Erziehung der Kinder zu Menschen mit eigener Meinung und zur Berufsfähigkeit gesehen. Dazu sei allerdings auch die Mitarbeit der Elternhäuser dringend erforderlich.
Trotz der Erklärung Baden-Württembergs zum „Kinderland“ durch die Landesregierung herrsche hier noch immer Mangelverwaltung. Einen Ausweg zu schaffen sei kostenneutral nicht möglich, aber hier ginge es um lohnende Investitionen.
Aus dem Zuhörerkreis kam zum Thema „Trend zu Privatschulen“ die Forderung, dass Bildung nicht zur Ware werden dürfe. Hier scheint eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig zu sein. Die Leiterin der
Freien Reformschule Heidelberg wies darauf hin, dass die meisten Privatschulgründungen der letzten Jahre auf Elterninitiativen zurückzuführen seien. Diese Eltern sähen ihre Vorstellungen guter Kindererziehung in staatlichen Schulen nicht verwirklichbar.
Bedenkenswert erschien auch ein Einwand eines Kommunalpolitikers aus Schriesheim: „Wenn man sich über die Misere im Schulsystem des Landes so einig ist, warum bestätigt der Wähler unbeirrt seit Jahrzehnten eine Partei, die dafür verantwortlich ist?“
Hier ist die SPD gefordert.
Dieter Lattermann