Sozialministerin Altpeter startet Initiative gegen Entgeltungleichheit

Veröffentlicht am 06.03.2012 in Bundespolitik

Die Landesregierung unternimmt einen weiteren Schritt zur Beseitigung geschlechtsspezifischer Ungerechtigkeiten in der Arbeitswelt. Mit einer Bundesratsinitiative, die vom Kabinett beschlossen wurde, will sie gegen die Entgeltungleichheit von Frauen und Männern vorgehen.

„Mit dieser Initiative soll der politische Druck auf die Bundesregierung verstärkt werden, endlich gesetzgeberisch tätig zu werden. Trotz vieler allgemeiner Regelungen zur Gleichbehandlung – im Grundgesetz, im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, in EU-Richtlinien oder im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – bestehen in der Bundesrepublik im Arbeitsalltag nach wie vor ganz erhebliche Unterschiede beim Arbeitsentgelt von Frauen und Männern“, unterstrich Frauenministerin Katrin Altpeter.

Es bestehe großer politischer Handlungsbedarf, da ein nicht unerheblicher Teil der Lohndifferenz auf die Diskriminierung von Frauen zurückzuführen sei, fuhren Kretschmann und Altpeter fort. „Dies wollen und dürfen wir nicht länger zulassen. Gerade im Vorfeld des Internationalen Frauentages wollen wir mit unserer Bundesratsinitiative ein deutliches Signal setzen, dass es dieser Landesregierung ernst ist mit der Gleichstellung von Frauen und Männer auf allen Gebieten.“ Diese Initiative sei auch ein bedeutsamer Baustein, um Baden-Württemberg in einer diskriminierungsfreien Arbeitswelt zum Musterland guter und sicherer Arbeit zu machen.

Gender Pay Gap: Frauen verdienen deutlich weniger als Männer

Nach den Angaben von Frauenministerin Katrin Altpeter verdienen Frauen bei gleicher Ausbildung und gleicher bzw. vergleichbarer beruflicher und sonstiger Qualifikation und Erfahrung noch immer um acht bis zwölf Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen (bereinigter Gender Pay Gap, s. ergänzende Informationen).
Eine weitere Lohndifferenz in ungefähr vergleichbarer Größenordnung, so Altpeter, beruhe auf der Tatsache, dass Frauen nach wie vor in den vergleichsweise hochbezahlten naturwissenschaftlich-technischen Berufsfeldern (Automobilbau, Maschinenbau, Elektrotechnik, IT Berufe etc.) unterrepräsentiert sind. Die Frauenministerin: „Da das Lohnniveau in Baden-Würt­tem­berg im Bundesvergleich überdurchschnittlich ist und die genannten Berufsfelder im Land ebenfalls überproportional stark vertreten sind, liegt der berufswahlbedingte (unbereinigte) Gender Pay Gap in Baden-Württemberg mit 25 Prozent über dem Bundes- und EU-Durchschnitt von 23 bzw. 17 Prozent.“

Lohndifferenz ermitteln – Entgeltbericht erstellen – Ungleichbehandlung beseitigen
Die Bundesratsinitiative der Landesregierung ziele darauf ab, so die Frauenministerin, durch gesetzgeberische Maßnahmen die Lohndifferenzen zu beseitigen, die auf der Diskriminierung von Frauen beruhten (bereinigter Gender Pay Gap). Um diese Lücke in jedem Betrieb ermitteln zu können, müssen nach der Vorstellung der Landesregierung geeignete, durch den Bund zertifizierte und zugelassene Lohnmessverfahren verbindlich eingeführt werden.

Altpeter: „Es sind zudem anonymisierte Entgeltberichte zu erstellen, die im Betrieb bekannt gemacht und dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt werden müssen. Besteht auf der Grundlage des Entgeltberichts der Verdacht einer Ungleichbehandlung in Bezug auf das Arbeitsentgelt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Ungleichbehandlung innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen.“

Falls der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme, könne der Betriebsrat nach dem Vorschlag der Landesregierung eine Schiedsstelle anrufen, die wie die betriebsverfassungsrechtliche Einigungsstelle mit Vertretungen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite besetzt ist und von einem unabhängigen Arbeitsrechtler als Vorsitzendem geleitet wird, in der Regel einer Arbeitsrichterin oder einem Arbeitsrichter. Der Spruch der Schiedsstelle sei bindend.

Zusätzlich bestehe ein Verbandsklagerecht, soweit der Arbeitgeber sich weigere, die Entgeltungleichheit zu beseitigen, erklärte Altpeter.

Die Tarifparteien sollen in den gesamten Ablauf zur Ermittlung der Lohnlücke (Gender Pay Gap) eingebunden werden: von der Konzeption des Gesamtverfahrens über die Implementierung, Analyse, Qualitätssicherung bis zur Weiterentwicklung des gewählten Instrumentariums. Die Tarifpartner werden ihrerseits aber ebenfalls ausdrücklich verpflichtet, tarifliche Entgeltberichte zu erstellen und Entgeltungleichheit innerhalb der Tarifverträge zu beseitigen.

Überkommene Rollenzuweisungen und Rollenerwartungen überwinden

Ministerin Altpeter machte deutlich, dass mit der Bundesratsinitiative der Landesregierung nur ein Teil der Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt beseitigt werden könne. Dem unterschiedlichen Berufswahlverhalten von Frauen und Männern, das zu beruflichen Tätigkeiten in unterschiedlich gut bezahlten Beschäftigungsfeldern führe, oder der geschlechtsspezifisch verteilten Teilzeittätigkeit sei damit nicht beizukommen.

„Wir müssen die geschlechtergerechte Erziehung in Kindertagestätten und im schulischen Bereich intensivieren und die bereits eingeleiteten Maßnahmen und Programme im MINT-Bereich, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik verstärken. Wir brauchen aber auch ein Umdenken in der ganzen Gesellschaft, in den Familien und Partnerschaften, um die überkommenen Rollenzuweisungen und Rollenerwartungen, wie sie im Gutachten zum Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung eindrucksvoll beschriebenen werden, zu überwinden“, so Frauenministerin Altpeter.

Ergänzende Informationen:

Der Begriff des „Gender Pay Gap“ (GPG) bezeichnet die in Prozent ausgedrückte spezifische Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Die Ermittlung der Entgeltungleichheit erfolgt unter anderem auch auf der Grundlage der im vierjährigen Abstand europaweit einheitlich durchgeführten Verdienststrukturerhebung.

Zu unterscheiden ist zwischen einer unbereinigten und einer bereinigten Lohnlücke. Die unbereinigte (durchschnittliche bzw. einfache) Lohnlücke ergibt sich aus der prozentualen Differenz zwischen den jeweiligen durchschnittlichen / mittleren Löhnen von Männern und Frauen. Dabei werden Teilzeitjobs (bis 15 Stunden), Minijobs und der gesamte öffentliche Dienst nicht berücksichtigt.

Bei der bereinigten Lohnlücke werden die Entgeltunterschiede von Frauen und Männern mit denselben individuellen Merkmalen verglichen, d. h. es werden Frauen und Männer mit dem gleichen Bildungsniveau, in den gleichen Berufen und Branchen, derselben Beschäftigungsform (Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung) usw. miteinander verglichen. Auf diese bereinigte Lohnlücke zielt die Bundesratsinitiative der Landesregierung.

Die Ergebnisse von internationalen Vergleichen zeigen, dass die geschlechtsspezifische Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in den einzelnen Staaten unterschiedlich hoch ist.

Im Vergleich der unbereinigten Lohnlücke weist Deutschland im Vergleich der EU-Mitgliedstaaten mit 23 Prozent einen der höchsten Werte auf (EU-Durch­schnitt: 17 Prozent). Der Lohnunterschied auf der Basis der bereinigten Lohnlücke beträgt in Deutschland – laut unterschiedlichen Studien – zwischen mindestens 8 Prozent und höchstens 12 Prozent.

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